An dem Tag als ich zum ersten mal ein Tragflächenboot gesehen habe laufe ich am Ufer in Como am Comer See, nach einem sehr leckeren Abendessen, genieße den Sonnenuntergang und die letzten warmen Sonnenstrahlen, beobachte hier und da einige kleine Boote, aber dann hörte ich ein recht lautes und dumpfes Geräusch. Etwas früher am Abend habe ich bereits ein ähnliches Geräusch gehört, dies kam aber von einem auf dem Wasser startenden Flugzeug, aber dieses Mal schaue ich vom Hafen aus in Richtung Norden und sehe ein mir bisher unbekanntes Objekt auf dem Wasser vorbeifahren. Natürlich zückte ich sofort meine Kamera. Näherte es sich anfangs noch mit hoher Geschwindigkeit und einer starken Verwirbelung des Wassers dahinter. WAS ist DAS? Es sank ab und schwamm die letzten Meter, im Vergleich, richtig unauffällig und wie ein normales Schiff oder Boot in den Hafen von Como.
Ich laufe weiter und kurze Zeit später sehe ich das selbe Boot wieder gen Sonnenuntergang fahren. Wieder aus dem Hafen-gebiet heraus gibt es Gas und es hebt sich wieder an. Die Geräuschkulisse, neben dem Geplätscher des Wassers, wird lauter und das kuriose Boot verlässt meine Sehweite.
Erst hier, wieder daheim, habe ich endlich herausgefunden was das für ein Schiff auf dem Comer See war. Es handelte sich dabei um ein Hydrofoil, ein sogenanntes Tragflächenboot. Ein Datenblatt des Tragflächenboot Aliscafo Voloire gibt es hier.
Was ist ein Tragflächenboot?
Tragflächenboote gibt es, auch zu meine Überraschung, schon recht lange. Bereits vor über 100 Jahren wurden solche Boote hergestellt und auch für den kommerziellen Personentransport genutzt. Aber wie funktioniert das überhaupt, dass das Boot praktisch über das Wasser gleitet, und ist es dadurch wirklich so viel schneller?
Ein Tragflügelboot oder Tragflächenboot ist ein Hochgeschwindigkeitswasserfahrzeug, das bei steigender Geschwindigkeit mittels unter Wasser liegender Tragflügel während der Fahrt angehoben wird. Dadurch berührt der Rumpf nicht mehr das Wasser, das Fahrzeug „fliegt“ über die Wasseroberfläche. Da sich dann nur ein kleiner Teil des Fahrzeugs (Tragflügel und Propeller) unterhalb der Wasseroberfläche befindet, werden Verdrängung und Reibungswiderstand deutlich reduziert. Tragflügelboote erreichen dadurch Geschwindigkeiten von bis zu 48 Knoten (zirka 90 km/h).
Im deutschen Sprachgebrauch wird unter dem Begriff Hydrofoil auch eine vergrößerte Antikavitationsplatte bei Außenbordmotoren und Z-Antrieben von Sportbooten verstanden. Die Wirkungsweise ist dabei genauso wie bei den hier geschilderten Tragflügelbooten, ist jedoch aufgrund der wesentlich kleineren Flügelgröße entsprechend geringer.
Die Entwicklung der Tragflügelboote begann um 1900, obwohl es bereits vorher dazu Ideen gab. Kurz nach 1900 beschäftigte sich der italienischen Luftschiffkonstrukteur Enrico Forlanini (1848–1930) mit der Entwicklung von Flugbooten. Daraus entstand das erste einsatzfähige Tragflügelboot, gebaut 1906, als dessen Erfinder er allgemein gilt. Er überquerte damit den Lago Maggiore und erreichte mit seinem propellergetrieben Tragflügelboot eine Geschwindigkeit von 38 Knoten (rund 70 km/h). Aufgrund seiner Verdienste wurde der Flughafen Mailand-Linate nach ihm benannt.
Tragflügelboote werden hauptsächlich für militärische Anwendungen und die Personenbeförderung auf Flüssen (Russland), zum Transfer zwischen dem Festland und Inseln und zwischen Insel-Gruppen eingesetzt. So hat zum Beispiel der Erfinder Felix Wankel seine Tragflügelboote und sein Gleitflächenboot von seinem Lindauer Entwicklungszentrum aus zeitweilig auf dem Bodensee getestet. Die Gebrüder Sachsenberg übernahmen 1940 ein Gelände mit Werftanlagen in Harburg und bauten hier die mit Schertel neu entwickelten Tragflügelboote unterschiedlicher Größe von 5 bis 100 Tonnen für die Kriegsmarine und das Heer. Weitere Informationen zu Tragflächenbooten gibt es auch bei Wikipedia.