Portugiesisches Erbe, ein Lissabon-Krimi von Luis Sellano – eine Geschichte, wie von den längsten Haaren hergezogen. „Sonne, Mord und Portugal“ heißt es in der Beschreibung des Buches. Eine verführerische Kombination. Mordslust mit Urlaubslust vereinen, dies kann der Ausgangspunkt einer wirklich spannenden Geschichte werden. Doch, verendet man den Lissabon Krimi „Portugiesisches Erbe“ als eine Art Einstimmung auf den Urlaub, ohne zuvor jemals in Portugal gewesen zu sein, würde ich dies so nicht empfehlen. Durch das Buch wird, obwohl ich mich bisher stets jeweils nur sehr kurz im Land habe aufhalten können (für die berühmten Pastéis de Nata hat es jedoch stets gereicht…), ein komplett anderes Bild vom Land herübergebracht, als es in Wirklichkeit ist.
Im Buch geschehen so viele Dinge auf einmal, dass es sogar nur als Leser schon ansträngend wird. Der Haupt-Protagonist der Lissabon-Krimi-Buchreihe fliegt früh morgens in Stuttgart los, um gegen Mittag in der Stadt am Tajo anzukommen. Anschließend passiert alles Schlag auf Schlag. Er besucht den Notar welcher ihn praktisch nur wenige Stunden vorher kontaktiert hatte, welcher Ihn über den Stand seines Erbes informiert. Als Leser erfährt man erst später, was genau das Erbe beinhaltet, und welche Auflage. Anschließend macht er sich auf den Weg, das Haus seines Onkels zu besichtigen. Dort lernt er die Mitarbeiterin des Antiquariats kennen, welches er ebenfalls erbt, und sofort auch noch alle Bewohner des Mehrparteienhaus. Anschließend möchte Henrik sich einen Überblick über die finanzielle Seite seines, potentiellen, Erbes verschaffen und inspiziert das Büro seines Onkels. Dieser besaß keinen Computer, und alles lief noch offline ab. Plötzlich stattet Ihm ein Anwalt einen Besuch ab und unterbreitet Ihm ein Kaufangebot in Höhe einer 7-stelligen Summe für das Gebäude. Aus einem Stapel an Visitenkarten fischt Henrik anschließend eine heraus, die einer Steuerberaterin. Mit dieser verabredet er sich noch für den selben Abend. Als ehemaliger Polizist hat er natürlich, noch immer, die beste Intuition, und entgeht nur knapp einem Mordanschlag auf Ihn selbst, verübt von einer schwarzen Limousine. Doch natürlich fühlte er sich bereits zuvor schon von einem Glatzköpfigen Mann mit Bart beobachtet. Obwohl auf, gefühlt, jeder fünften Seite der Hinweis gegeben wird, dass Henrik Falkner vor zwei Jahren seine Frau durch einen tragischen Unfall verloren hat, und er seither unter Depressionen leidet, weshalb er auf der Arbeit aggressiv wurde, und seither seinen Beruf nicht mehr ausübt, ist er in Lissabon plötzlich praktisch ein absoluter Frauen-Magnet. Jede Frau in Lissabon scheint nur auf den verlotterten Deutschen gewartet zu haben, der tagelang die selben Klamotten trägt. Obwohl der Hauptcharakter der Geschichte um die Mitte 30 sein soll, nimmt man dies dem Autor (welcher anhand des Fotos bereits deutlich über 30 Jahre alt ist) oft nur schwer ab.
Auch nimmt man dem Hauptprotagonisten, oder dem Autor, die vielen Beschreibungen der Stadt nicht ab. Henrik Falkner hat Lissabon zum allerersten mal besucht, und kann schon mit Fakten zu Bauwerken und Sehenswürdigkeiten um sich werfen, und das, obwohl er doch dem Internet so fremd ist, und sich einzig anhand eines Stadtplans auf Papier durch den Großstadtdschungel navigiert.
In einer reinsten Hektik passieren die konfusesten Ereignisse, Henrik Falkner kann all dies fast übersinnlich vorahnen, und welche Vergeltung wird am Ende den Verbrechern der aufgedeckten Gräueltaten präsentiert? Als Leser wird man ja nicht einmal weiter darüber informiert, was mit dem im-abriss-befindlichen Institut weiter passiert. Hätte man die Leichen noch bergen können? Aber Hauptsache Henrik hat Gefallen an der Stadt gefunden, und bereits den nächsten Auftrag, einen einige Jahrzehnte zurückliegenden Mordfall aufzuklären…
Was ich durch Portugiesisches Erbe (ein Lissabon-Krimi) von Luis Sellano gelernt habe
Erneut hatte ich mit meinem Durchhaltevermögen zu kämpfen. Doch, sollte mich jemals ein Notar aus dem Ausland anrufen, werde ich sofort auflegen. Nicht, dass mir etwas ähnliches wie Henrik Falkner passiert. Zudem würde ich nie ein Erbe in Form eines äußerst baufälligen Gebäudes annehmen, ohne finanzielle Mittel dies (wie es die Auflagen der Stadt verlangen) wieder in Schuss zu bringen. Aber, dann könnte ich ja auch keine konfusen Mordfälle aufklären…